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Die Plünderung Afrikas

Afrika verfügt über ein Drittel aller Kohlenstoff- und Mineralressourcen der Welt. Ein Reichtum, der für die Bevölkerung Afrikas unter den derzeitigen politischen und ökonomischen Bedingungen ein Fluch ist und kein Segen, weil nur andere davon profitieren („Ressourcen-Fluch“). Ein kriminelles Netzwerk aus zwielichtigen Händlern, internationalen Großkonzernen und kapitalistischen Freibeutern hat sich den Zugang zu den Ressourcen gesichert und greift die Gewinne systematisch ab. Die direkten Folgen sind ausufernde Korruption, Gewalt und Unterdrückung. Die gibt es aber auch in Ländern mit geringen Bodenschätzen, wie Kenia. In Norwegen z.B. sind die Ressourcen dagegen eher ein Segen.
In den rohstoffreichen Ländern Afrikas strömen Dollars zum Kauf von Rohstoffen ins Land, während der Rest der Wirtschaft deformiert wird. Diese Staaten tun nichts weiter, als ausländischen Unternehmen die Lizenz zur Förderung von Öl oder dem Schürfen nach Erzen zu geben. In rohstofffinanzierten Regimes dient das Nationaleinkommen nur denen, die die Kontrolle über den Staat ausüben. Das sind Kleptokratien, in denen Regieren und Diebstahl ein und dasselbe sind. Die Bildungsausgaben sinken, während die Militärbudgets immer größer werden. Wer einmal an der Macht ist, gibt sie nicht wieder ab: Die vier am längsten an der Macht befindlichen Staatschefs der Welt sind Teodoro Obiang Nguema in Äquatorialguinea, José Eduardo dos Santos in Angola, Robert Mugabe in Simbabwe und Paul Biya in Kamerun. Sie alle sind machtbesessen und haben viel zu verlieren. Der Präsident der demokratischen Republik Kongo in Kinshasa, Joseph Kabila, will auch nach seiner 2. Amtszeit nicht abtreten. Kabila kam dem Westen 2001 gelegen, weil er den Bergbau des rohstoffreichsten Landes in Afrika privatisierte und den Bergbaumultis 30 Jahre Steuerfreiheit einräumte. Inzwischen hat er sich Hunderte Millionen unter den Nagel gerissen. Seiner Familie hat er Schürfrechte für Gold-, Diamanten-, Kupfer- und Kobalt-Minen gesichert.
Afrika hat 13 % der Weltbevölkerung, generiert aber nur 2 % des weltweiten Bruttoinlandsproduktes. Hier lagern schätzungsweise 15 % der Rohölvorräte, 40 % des Goldes und 80 % des Platins dieses Planeten. Die reichhaltigsten Diamanten-Minen befinden sich in Afrika, außerdem bedeutende Vorräte an Uran, Kupfer, Eisenerz, Bauxit.
Außenstehende sehen in Afrika den Kontinent, der unaufhörlich Hilfe schluckt, selbst aber wenig zur Weltwirtschaft beiträgt. Doch bei näherer Betrachtung sieht die Beziehung zwischen Afrika und dem Rest der Welt ganz anders aus. Im Jahr 2010 betrug der Wert der Brennstoff- und Mineralexporte aus Afrika 333 Milliarden Dollar, mehr als das Siebenfache der Wirtschaftshilfe, die in den Kontinent floss. Nicht eingerechnet sind dabei die riesigen Summen, die durch Korruption und Steuertricks aus Afrika geschmuggelt werden.  Industrieländer, die Ressourcen aus Afrika konsumieren leben im Reichtum, die meisten Afrikaner haben dagegen kaum genug zum Leben. D.h. vom Gewinn des Öl- und Minengeschäfts sehen sie nichts. Die durchschnittliche Lebenserwartung Finnlands oder Südkoreas mit den beiden größten Handyherstellern der Welt beträgt 80 Jahre. Die Lebenserwartung in der Demokratischen Republik Kongo, mit den größten Mineralvorkommen der Welt, die unentbehrlich für die Herstellung von Handybatterien sind, beträgt nicht mehr als 50 Jahre. Die afrikanischen Öl- und Erz-Exporte gehen hauptsächlich nach Nordamerika, Europa und in wachsendem Maße nach China.
Afrika ist nicht nur außerordentlich reich an natürlichen Ressourcen, sondern auch außerordentlich abhängig von ihnen. Ein rohstoffreiches Land wird leicht zum Opfer des Ressourcenfluchs, wenn die Exporte zu mehr als einem Viertel aus Rohstoffen bestehen. In diese Kategorie fallen mindestens zwanzig afrikanische Länder. In Europa beträgt der Anteil der Rohstoffe 11 % am Export, in Nordamerika 15, in Lateinamerika 42 und in Afrika sind es 66 % – etwas mehr als in den Staaten der ehemaligen Sowjetunion und etwas weniger als im Nahen Osten. In Nigeria und in Angola beträgt der Anteil der Rohstoffexporte fast 100 %! Die Abhängigkeit der Rohstoffstaaten Afrikas wird besonders dann dramatisch, wenn die Rohstoffpreise auf dem Weltmarkt fallen. Der Ressourcenfluch ist nicht einfach irgendein bedauerliches wirtschaftliches Phänomen in den afrikanischen Rohstoffstaaten, sondern eine systematische Plünderung, meint Tom Burgis, investigativer Journalist, in seinem Buch „Der Fluch des Reichtums“ über „die Plünderung Afrikas“. Die Plünderung Afrikas begann im 19. Jahrhundert, als Expeditionen von Siedlern, imperialen Gesandten, Rohstoffjägern, Kaufleuten und Söldnern vordrangen. Ab Mitte des 20. Jahrhunderts begann der Öl-Boom in Nigeria. Während die europäischen Kolonialisten abzogen und die afrikanischen Staaten ihre Unabhängigkeit gewannen, verblieben die Konzerne der Rohstoffindustrie und verfolgten weiter ihre Interessen. Mehr als die Hälfte des weltweiten Bruttoinlandsprodukts basiert auf Rohstoffen. D.h. der Wohlstand insbesondere in den westlichen Industrieländern ist sehr stark abhängig vom Rohstoffreichtum Afrikas und dessen Plünderung. Wenn auch nicht alle Unternehmen und afrikanische Staatsmänner plündern, so wurde doch letztendlich die Plünderungsmaschine modernisiert. Wo einst gewaltsam aufgezwungene Verträge Afrikaner um ihr Land, ihr Gold und ihre Diamanten brachten, zwingen heute Heerscharen von Anwälten der Öl- und Bergbaugesellschaften mit Hunderten von Milliarden Dollar Jahresumsatz afrikanischen Regierungen ihre Bedingungen auf und nutzen Steuerlöcher, um die rohstoffabhängigen Länder um ihre Einnahmen zu betrügen. An die Stelle der kolonialen Imperien sind verborgene Netze von multinationalen Unternehmen, Zwischenhändlern und afrikanischen Potentaten getreten.

Coltan: An fast all unseren Smartphones klebt Blut

Smartphone-Käufe finanzieren die Rebellen im Kongo
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Tantal ist ein äußerst rares Metall, welches aus dem Erz Coltan gewonnen wird. Es findet sich in jedem Mobiltelefon und stammt oftmals aus der Demokratischen Republik Kongo. Durch die Erträge wird dort der Bürgerkrieg finanziert, was Coltan zum Konfliktmineral macht. Schärfer formuliert: Viele Smartphone-Hersteller haben Blut an den Händen, wenn sie auf Tantal setzen, welches aus der Kongo-Region stammt.

Jüngsten Zahlen des Statistischen Bundesamts zufolge besitzen 94 Prozent der Deutschen ein Handy. Das ist – mit Abweichungen – natürlich weltweit so und nicht etwa nur in unserem Land, so dass wir insgesamt ähnlich viele Smartphones und Feature Phones im Einsatz haben, wie Menschen auf diesem Planeten existieren. Diese Info schicke ich mal voraus, damit ihr das Folgende besser einordnen könnt.Berichten wir bei Mobilegeeks.de über Smartphones, dann interessieren wir uns zumeist für das, was so ein Handset zu leisten imstande ist und weniger, was es mit der Produktion auf sich hat. Manchmal lohnt es sich aber, auch da mal genau hinzuschauen – selbst, wenn die Erkenntnisse oftmals keine schönen sind. So wissen wir beispielsweise, dass die Bedingungen, unter denen Smartphones in den Fabriken montiert werden, oftmals unter aller Sau sind und nicht annähernd dem entsprechen, was wir uns unter einem akzeptablen Arbeitsplatz vorstellen.Collage aus einem Zombie-Gesicht und SmartphonesEs gibt keine Unternehmen, die da besonders auffallen – weil schlicht fast alle Smartphone-Hersteller unter ähnlichen Bedingungen produzieren lassen. Das Übel fängt aber zumeist schon an, lange bevor ein fertig entwickeltes neues Modell in den Fabriken zusammengeschraubt wird: Bei den benötigten Rohstoffen.Die im Smartphone verwendeten raren Mineralien und Erden stammen nicht selten aus Afrika, beispielsweise wie das eingangs erwähnte Erz Coltan aus Minen in der DR Kongo. Coltan ist alles andere als beliebig lange verfügbar, die Weltvorräte neigen sich langsam aber sicher dem Ende entgegen. Davon ab lässt sich in den Coltan- (und Kobalt-, Niob-, Gold- etc) Minen verhältnismäßig gutes Geld verdienen, weshalb man nach einem schnellen, oberflächlichen Blick meinen könnte, dass der Coltan-Abbau dem Land und seiner Bevölkerung gut tut.Tatsächlich ist aber das Gegenteil der Fall, doch zum besseren Verständnis müssen wir weit zurück in die Vergangenheit schauen – nämlich zur Mitte der Neunziger, als so mancher der heutige Smartphone-Nutzer noch gar nicht auf der Welt war.Mit dem Abschlachten in Ruanda fing es anEs war 1994, als Ruanda für negative Schlagzeilen und Entsetzen in der Welt sorgte. Der Konflikt zwischen Hutu und Tutsi spitzte sich zu und gipfelte in dem Völkermord, bei dem mit geschätzt 800.000 bis 1.000.000 Toten die Kaste der Tutsi zu 75 Prozent ausradiert wurde. Daraufhin wurde die ganze Region, zu der auch Zaire (heute die Demokratische Rebpublik Kongo) zählt, destabilisiert – was sich bis zum heutigen Tag hinzieht.In der Folge fanden die kongolesischen Kriege statt, die allein zwischen 1998 und 2007 5,4 Millionen (!) Menschen das Leben kosteten und auch, wenn mittlerweile offiziell Frieden herrscht, sterben noch heute jeden Monat um die 45.000 Menschen im Krisengebiet im Osten des Kongo. Viele verschiedene Interessensgruppen – darunter die Tutsi-Rebellen – machen die Situation unübersichtlich und oftmals liegt es am Reichtum an Bodenschätzen in der Region, dass die Gewaltspirale kein Ende findet.Frauen wurden und werden tausendfach vergewaltigt und versklavt – die Gewalt gegen Frauen ist daher auch ein Thema, dessen sich missio angenommen hat. Das Internationale Katholische Missionswerk engagiert sich schon lange für die Menschen in der DR Kongo und speziell für die Frauen, die unter dem Morden, den Massenvergewaltigungen und der Versklavung zu leiden haben.Reich an Bodenschätzen – ein Desaster für die BevölkerungSollte es sich für ein Land und dessen Einwohner nicht auszahlen, wenn man das Glück hat, mit reichlich gefragten Bodenschätzen gesegnet zu sein? In der Demokratischen Republik Kongo ist das nicht der Fall, wenngleich man in den Minen deutlich besser verdienen kann als beispielsweise in der Landwirtschaft. Es finden erbitterte Kämpfe um die Rohstoffe – wie eben Coltan – statt und sowohl diese Kämpfe als auch die Bedingungen in den Minen kosten heute noch zahlreiche Menschenleben. Indirekt sterben dadurch aber noch viel mehr Menschen, denn durch das Veräußern dieser Rohstoffe wird das Kriegstreiben der Rebellen immer weiter finanziert und somit ermöglicht, dass das Morden weiter geht.

Es kam während der Kriegszeit in den Minen in Tausenden Fällen zu Raub und schwersten Menschenrechtsverletzungen, darunter Mord, Vergewaltigungen, willkürliche Verhaftungen und Folter. Erwachsene und Kinder wurden teilweise zur Arbeit in den Minen gezwungen.Aus der Menschenrechts-Studie 59 von missio

Soldaten im Kongo
Bildquelle: missio

Wieso unternimmt die Politik nichts gegen das Elend in dieser Region?

Lange schon wird gefordert, dass sich Europa und andere Industrienationen deutlich positionieren und untersagen, dass sogenannte Konfliktrohstoffe aus dem Krisengebiet gekauft und verarbeitet werden. Ein ganzes Land wird zugrunde gerichtet, denn das Geld fließt an der Regierung vorbei, die so gut wie keine Kontrolle über den Abbau hat und nicht zuletzt wird ein schrecklicher Raubbau an der Umwelt betrieben, der beispielsweise den eh schon spärlichen Lebensraum von Gorillas weiter empfindlich einschränkt.Somit ist diese Region im Kongo auch auf lange Sicht gefährdet, dennoch zögern sowohl Politik als auch Industrie, dort entscheidend einzugreifen. Bereits vor fünf Jahren hat Michael Bitala für die Süddeutsche sehr schön zusammengefasst, wieso die Politik nicht handelt – der Grund dafür ist unter anderem das schlechte Gewissen gegenüber Ruanda, weil man beim Abschlachten der Tutsi 1994 tatenlos zugesehen hat:

Warum es bis heute kein Handelsverbot für kongolesische Bodenschätze gibt, hat mehrere Gründe. Der wichtigste ist wohl, dass die Kongoplünderer Ruanda und Uganda auch heute noch in Amerika und in Europa geschont werden, eine Mehrheit für Sanktionen im Sicherheitsrat würde es nicht geben. Ruanda, das gerade mal so groß ist wie Rheinland-Pfalz, wird nicht kritisiert, weil beim dortigen Völkermord 1994 die Welt weggesehen hat. So traut sich immer noch fast niemand, Vorwürfe gegen Ruanda zu erheben, weil es in Kongo Kriegsverbrechen begeht und das Land systematisch ausschlachtet. Uganda wird ebenfalls verschont, weil Präsident Yoweri Museveni als Vorbild gilt, was die Aids-Bekämpfung angeht.Michael Bitala, SZ

Minen-Arbeiter im Osten Kongos
Minen-Arbeiter im Osten Kongos. Bildquelle: missio

Was ist mit der Industrie?

Die Politik hält sich also vornehm zurück, aber was ist mit denjenigen, die die kostbaren Rohstoffe kaufen? Coltan, bzw. das daraus resultierende Tantal ist aktuell ein elementar wichtiger Stoff für allerlei Produkte: Es wird in der Chirurgie eingesetzt in Implantaten, Tantal-Kondensatoren kommen in der Raumfahrt zum Einsatz, aber auch in allerlei Technik des täglichen Gebrauchs, wie zum Beispiel Notebooks, Fernseher und eben Smartphones. Das zumeist aus Coltan gewonnene Tantal ist dabei nahezu alternativlos und genau das macht es so wertvoll. Laut Angaben von Nokia kommen in einem Gerät zwar gerade einmal 0,04 Prozent des Gewichts zusammen, die auf Tantal-Kondensatoren entfallen – dennoch ist es unverzichtbarer Bestandteil.In den Minen im Osten Kongos wird es tonnenfach abgebaut und finanziert wie bereits erwähnt das Morden der Rebellen. Die Organisation missio hat daher die Aktion Saubere Handys ins Leben gerufen und fordert nun Folgendes:Die Handy-Hersteller werden aufgefordert,

  • von ihren Lieferanten den Nachweis zu verlangen, dass für die Produktion der Handys kein Coltan aus der Dem. Rep. Kongo verwendet wird, von dessen Handel Milizen profitieren. Dieser Nachweis muss durch externe Kontrollen überprüft werden.
  • den Aufbau transparenter Handelsstrukturen über gezielte Verträge mit ihren Lieferanten aktiv zu unterstützen.
  • sich an „runden Tischen“ zu beteiligen, bei denen die betroffenen Händler, Kleinschürfer, Zertifizierer und Regierungsstellen gemeinsam Richtlinien erarbeiten, wie Transparenz-Initiativen gestaltet sein sollen.

Das klingt in der Theorie super, in der Praxis ist es aber dennoch schwierig umsetzbar, auch wenn Unternehmen wie Intel sich bereits seit Jahren dafür stark machen, auf Konfliktrohstoffe zu verzichten.Eines der Probleme ist die Zertifizierung bzw. der Nachweis, aus welchen Minen exakt der Rohstoff geliefert wird. Die unzähligen Zulieferer weisen das oftmals nicht nach, selbst wenn die Smartphone-Hersteller drauf drängen. Ein weiteres großes Problem: Je mehr darauf geachtet wird, dass man konfliktfreie Ressourcen einsetzt, desto mehr entwickelt sich die ganze Geschichte auch zu einem reinen Kongo-Boykott: Selbst, wenn man nachweisen kann, dass das abgebaute Coltan bzw. das daraus gewonnene Tantal exakt aus der Bürgerkriegs-Region im Osten der Demokratischen Republik Kongo stammt, ist das noch lange kein Indiz dafür, dass es auch tatsächlich aus einer von Rebellen kontrollierten Mine stammt!Bei heise hieß es bereits im letzten Jahr deshalb schon: „Konfliktfrei heißt bislang meist einfach Kongo-frei.“ Leiden müssen darunter unbescholtene Minen-Arbeiter, die mit dem Abbau ein – für ihre Verhältnisse – gutes Geld verdienen und vielfach hätten auch ehemalige Rebellen das Morden aufgegeben, um nun in den Minen rechtmäßig ihrem Unterhalt nachzugehen. Man darf also nicht blind den kompletten Kongo boykottieren, sondern muss auf jede einzelne Mine schauen, ob sie zertifiziert ist oder nicht. Intel will bis 2016 komplett konfliktfrei sein bei seinen verwendeten Rohstoffen und hat sich zudem auf die Fahnen geschrieben, eben nicht Kongo pauschal zu boykottieren, sondern bei jeder einzelnen Mine sorgfältig hinzuschauen. Das soll in Zusammenarbeit mit Solutions for Hope und der Conflict-Free Tin Initiative geschehen.

Mine in Kalimbi

Apple wird gerne mal erwähnt, wenn es darum geht, auf schlechte Arbeitsbedingungen in Produktionsstätten wie denen von Foxconn hinzuweisen. Auch bei den verwendeten Rohstoffen hat man keine komplett weiße Weste, weil die Quellen für Materialien wie Gold und Wolfram immer noch nicht zu hundert Prozent nachgewiesen werden können. Das liegt natürlich an den Zulieferern, verhindert aber dadurch, dass Apple mit konfliktfreien Produkten werben kann. Immerhin allerdings kann man mittlerweile nachweisen, dass zumindest das verwendete Tantal zu 100 Prozent „conflict-free“ ist. Lobenswert ist dabei, dass eben nicht pauschal der Kongo boykottiert wird, sondern dass bei jeder einzelnen Mine erneut überprüft wird, ob regulär gearbeitet wird oder unter Rebellen-Kontrolle.Die Beispiele Apple und Intel zeigen, dass es durchaus Unternehmen gibt, die nachhaltig arbeiten (wollen) und auch beim Thema Coltan-Abbau die Augen offen halten. Dennoch wird in exakt diesen Minen immer noch viel zu viel Geld in die Hände der Rebellen gewirtschaftet, weshalb missio die oben bereits erwähnte Aktion Saubere Handys initiiert hat und mit einer Unterschriftenaktion erreichen möchten, dass die Unternehmen – und auch wir Verbraucher – für das Thema der konfkliktfreien Mineralien und Erden sensibilisiert werden.

Aktion von missio: Saubere Handys

Ziemlich allein auf weiter Flur steht man aktuell allerdings, wenn man sein Smartphone wirklich komplett konfliktfrei produzieren lassen möchte. In aller Munde ist dabei stets das Fairphone, welches noch im Herbst in der neuesten Generation erscheinen wird. Selbst die Holländer mussten erkennen, dass man aktuell selbst unter größter Sorgfalt und Mühe nicht komplett die conflict-free-Karte ausspielen kann. Hier könnt ihr aber nachlesen, dass sich das Unternehmen in höchstem Maße reinkniet, möglichst fair produzieren zu lassen. So hat man sich beispielsweise die Minen im Kongo mit eigenen Augen angeschaut vor der Produktion des ersten Fairphones.

Blick auf eine Mine im Kongo

Dem gegenüber stehen Unternehmen wie beispielsweise der in Niedersachsen beheimatete Konzern H.C.Starck, einer der größten Abnehmer von Tantal. Schon mehrfach ist das Unternehmen dafür in die Kritik geraten, dass man eben nicht so genau hinschaut, von wo denn die Rohstoffe stammen.Die EU ist nun dabei, einen Gesetzesentwurf auf den Weg zu bringen, der die Industrie dazu anhalten soll, auf faire Rohstoffe zu setzen. Der jedoch geht nicht so weit wie der Dodd-Frank-Act in den USA, an den sich die Unternehmen jenseits des großen Teiches bereits jetzt zu halten haben: Konfliktrohstoffe müssen in den Vereinigten Staaten explizit ausgewiesen werden – nicht zuletzt vermutlich ein guter Grund, wieso Apple und Co so ein großes Interesse daran haben, diese Schandflecken aus der Produktionskette zu beseitigen.Asiatische Unternehmen wie LG, Sony, Samsung oder HTC müssen sich nicht an den Dodd-Frank-Act halten, machen das aber aus freien Stücken und appellieren zumindest an ihrer Zulieferer, auf konfliktfreie Rohstoffe zu setzen. In der Praxis lässt sich das aktuell noch nicht immer überprüfen und wie man im Menschenrechts-Report von missio nachlesen kann, wird das Vorgehen bei den meisten Unternehmen auch nicht besonders offensiv kommuniziert.Da darf man sich wünschen, dass das Umdenken künftig noch ein bisschen weiter geht als bislang und wir mehr und mehr Smartphones angeboten bekommen, in denen sich so viele faire Rohstoffe wie möglich befinden. Daher ist es genau richtig, dass Institutionen wie missio sehr energisch den Finger in diie Wunde legen und damit auch uns Smartphone-Nutzer dafür sensibilisieren, welches Elend noch immer in der Region im Ostkongo herrscht.

Minenarbeiter im Kongo

Ich hoffe, indem ich euch diese Problematik um Tantal/Coltan hier geschildert habe, erreichen wir Mobile Geeks auch noch den ein oder anderen, der dieses Drama um Sklaverei, Vergewaltigungen und Ausbeutung einer ganzen Region überhaupt noch nicht auf dem Schirm hatte. Selbst, wenn die Industrie sich jetzt selbst streng diszipliniert, wird es noch Jahre dauern, diese Schwierigkeiten in den Griff zu bekommen. Persönlich glaube ich, dass wir immer mehr Unternehmen sehen, die sich ihrer Verantwortung durchaus bewusst sind, und bei denen ein Umdenken in Richtung Nachhaltigkeit eingesetzt hat.Wir werden noch lange viele Umstände bemängeln können in der Industrie, dessen bin ich mir auch sicher. Nichtsdestotrotz glaube ich fest daran, dass sich die Dinge ändern, wenn wir es nur weiter in die Welt tragen, was eben beispielsweise im Osten Kongos vor sich geht. Ich hab versucht, das mit diesem Artikel zu tun und würde mich freuen, wenn auch ihr dieses Thema auf dem Schirm behaltet. Wir dürfen nicht wegsehen, wenn es darum geht, dass Menschen in Afrika leiden oder gar dafür sterben müssen, dass unsere Smartphones in der Summe vielleicht 10 Euro günstiger produziert werden können. Nehmen wir die Industrie also in die Verantwortung – aber geben ihnen auch gleichzeitig die Zeit, die zwingend notwendig ist, um einschneidende Änderungen vorzunehmen.

Sierra Leone: Heimat der Blutdiamanten

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Die Diamantvorkommen von Sierra Leone sind einmal legendär gewesen. Zehn Jahre nach Beendigung des Bürgerkrieges kann sich das Land aber nur schwer vom Image der Blutdiamanten und Greueltaten erholen. Dabei gehört diese Zeit der Vergangenheit an.

Sierra Leone ist ein nördlich des Äquators am Atlantischen Ozean gelegenes westafrikanisches Land. Es grenzt mit einer Fläche von etwa 71.000 Quadratkilometern an die Republik Guinea und im Südosten an Liberia. Von den 5.3 Millionen Einwohnern leben etwa 800.000 in der Hauptstadt Freetown. Das Klima ist tropisch-feucht mit üppiger Vegetation, die Trockenzeit geht von Oktober bis März. Sierra Leone ist eines der ärmsten Länder der Welt, auf dem Human Development Index nimmt es Platz 180 von 187 ein. Darüber hinaus zählt das Land zu den fünf Ländern mit der niedrigsten Lebenserwartung weltweit. Vor allem die Kinder- und Müttersterblichkeit ist hoch, dazu trägt auch die Kinderarbeit bei. Sie nahm während des Bürgerkrieges extreme Formen an, als zahlreiche Kindersoldaten zwangsrekrutiert wurden. Die Analphabetenrate liegt bei 69 Prozent, die Arbeitslosigkeit bei über 50 Prozent.
Die Bevölkerung setzt sich aus verschiedenen ethnischen Gruppen zusammen, zu denen auch die sog. Kreolen oder Krio gehören. Es sind die Nachkommen freigelassener Sklaven aus Jamaika, die in Freetown angesiedelt wurden. Letztere nehmen die führenden Positionen in Politik und Wirtschaft des Landes ein. Die Amtssprache ist englisch, die einzelnen ethnischen Gruppen sprechen ihre eigenen Sprachen. Der Islam ist die vorherrschende Religion, nur etwa 20 Prozent der Bevölkerung sind Christen, dabei dominieren protestantische Kirchen. Bis in das 19. Jahrhundert hinein wurde das Gebiet von einheimischen Stammesvölkern beherrscht. Bereits 1460 legte der portugiesische Seefahrer Pedro da Cintra an der Küste an und gab dem Gebiet aufgrund der Gebirgslandschaft, die sich ihm präsentierte, den Namen Sierra Leoa. Er bedeutet soviel wie Löwengebirge und wurde schon bald für den gesamten Küstenabschnitt verwendet, bis englische Seefahrer ihn im 16. Jahrhundert in Sierra Leone abwandelten. Die heutige Freetown Peninsula entwickelte sich bald zu einem Stützpunkt für Sklavenhändler und für Schiffe, die auf dem Weg nach Indien waren.

Kolonisation

Die Kolonisation des Landes durch die Briten begann im späten 18. Jahrhundert mit der „Black Poor Society“, die es sich zum Ziel setzte Afrikanern zur Rückkehr in die Heimat zu verhelfen. Sie erwarb ein Stück Land auf der Halbinsel von Freetown und siedelte bereits 1787 Afrikaner an, die während des amerikanischen Unabhängigkeitskrieges von 1776 an der Seite von Großbritannien gekämpft hatten. Nach dem Verbot der Sklaverei 1810 folgten befreite Sklaven aus den britischen Besitzungen in Übersee und aus den gekaperten Sklavenschiffen. Die Halbinsel wurde zum Stützpunkt der britischen Handelsmarine im Kampf gegen den Sklavenhandel. Bereits 1808 war das Gebiet zur britischen Kronkolonie erklärt worden und 1896, elf Jahre nach der Berliner Kongokonferenz von 1885, wurde das Hinterland zum britischen Protektorat. Erst 1961 erhielt Sierra Leone innerhalb des Commonwealth die Unabhängigkeit. Nach mehreren Putschen und dem Ausrufen der Republik im Jahr 1971 wurde das Land von einem Einparteiensystem regiert.

Bürgerkrieg

Die Geschichte der letzten zwanzig Jahre ist vor allem vom Bürgerkrieg gekennzeichnet. Er dauerte von 1991 bis 2002. Im März 1991 beginnen Rebellenkriege im Ostteil des Landes, in dem der größte Teil der Diamantvorkommen liegt. Die Vereinigte Revolutionäre Front (RUF) unter Leitung von Foday Sankoh operiert vom benachbarten Liberia aus und wird von dem Warlord und späteren Präsidenten Liberias, Charles Taylor, unterstützt. Er wird im Mai 2012 seine gerechte Strafe erhalten, nachdem er vom Sondertribunal für Sierra Leone in den Niederlanden zu 50 Jahren Gefängnis verurteilt worden ist.

Erst ab etwa 1994 finanziert die RUF ihren Kampf mit Diamanten, und nicht nur Charles Taylor und Lybien liefern Waffen, die mit Diamanten bezahlt werden. Der Kinofilm mit Leonardo Di Caprio aus dem Jahr 2006 zeigt die Verwicklung internationaler Waffenhändler in die Kriegsverbrechen. Diamanten sind nicht der Grund für den Ausbruch der Rebellenkämpfe gewesen, aber sie beeinflussen entscheidend die Fortdauer und den Verlauf der Kämpfe. Der Grund ist in der jahrzehntelangen Korruption und Misswirtschaft zu sehen. Die hohe Arbeitslosigkeit hatte seit den 1970er Jahren zehntausende von Jugendlichen dazu gebracht, ihr Glück als Diamantenschürfer zu versuchen. Sie mussten unter erbärmlichen Bedingungen arbeiten, und zu Recht prangerte die RUF die Ausbeutung der ländlichen Regionen an. Milliardenbeträge flossen in die Taschen der Händler und korrupten Politiker, sie verdienten vor allem daran, dass Diamanten außer Landes geschmuggelt wurden. Dies traf bereits vor Beginn der Rebellenkriege auf etwa 98 Prozent der Produktion zu.

Das ganze System konnte vor und während der Kämpfe nur funktionieren, weil es ausländische Abnehmer gab, die nicht zu viele Fragen stellten. Auch amerikanische und europäische Händler kauften liberianische Diamantenexporte, die in Wirklichkeit aus Sierra Leone kamen. Diese Tatsache dürfte im Handel nicht unbekannt gewesen sein, da Liberia selbst nur ganz geringe Diamantvorkommen besitzt. Abidjan, die Hauptstadt der Elfenbeinküste, und Burkina Faso waren ebenfalls Anlaufstellen für Schmuggler.

Die RUF hat vor allem deswegen traurige Berühmtheit erlangt, weil sie wahllos Städte und Dörfer überfallen und tausende von Menschen, oft auf bestialische Weise, umgebracht hat. Darunter sind viele Kinder gewesen, die aber auch ihrerseits von den Horden zum Kampf gezwungen und selbst zu Mördern wurden. Das Abhacken der Hände wird dabei zum Markenzeichen der sierraleonischen Brutalität. In Europe werden die Greueltaten in den frühen 1990er Jahren zunächst noch kaum beachtet.

Auch die Regierungsseite nutzte Diamanten zur Finanzierung ihrer Waffenkäufe. 1995 verwendete sie Geld aus dem Diamantenverkauf, um die südafrikanische Söldnerfirma „Executive Outcomes“ zum Schutz der Hauptstadt Freetown anzuheuern. Mit finanzieller Unterstützung des kanadisch-südafrikanischen Unternehmens DiamondWorks konnte die Söldnerfirma im gleichen Jahr die Diamantenfelder von Kono einnehmen. Dafür wurde die Konzession Koidu im Kono-Distrikt in Aussicht gestellt. Mit dem Anti-Söldner-Gesetz hat Südafrika inzwischen den Söldnerfirmen ihre Geschäftsgrundlage entzogen.

1999 folgte ein Friedensvertrag, bei dem die RUF an der Regierung des 1996 gewählten Präsidenten Kabbah beteiligt wurde. Eine Friedenstruppe der UN sollte verhindern, dass der Bürgerkrieg wieder beginnt, und die Rebellen wurden vor ihrer Einweisung in komfortable Umerziehungslager aufgefordert, ihre Waffen gegen Bargeld bei der UN abzuliefern. Dies stand in krassem Gegensatz zur Situation des größten Teiles der Bevölkerung, den früheren Opfern. Sie vegetieren nach wie vor in Elendsvierteln dahin. Der Friedensschluss von 1999 bedeutete auch nicht, dass die Kämpfe aufhörten. Der größte Teil der Rebellen war nach wie vor aktiv und wurde weiterhin von Liberias Präsident Charles Taylor unterstützt. Eine Änderung bahnt sich erst an, als die UN Sanktionen gegen Liberia verhängten und britische Truppen die bis dahin eher machtlosen UN-Blauhelme in Sierra Leone unterstützen.

Erst 2002 endet der Rebellenkrieg offiziell mit einer Feier im Nationalstadion, bei der mehrere tausend Waffen verbrannt wurden. Im gleichen Jahr gibt es freie Wahlen, und Präsident Kabbah wird mit 70 Prozent der Stimmen wiedergewählt. Zur Aufarbeitung des Krieges werden Kommissionen eingesetzt und ein Sondergerichtshof wird damit beauftragt, die Verantwortlichen der Greueltaten zur Rechenschaft zu ziehen. Seit 2007 ist Ernest Bai Koroma der neue Präsident, und im September 2010 endete der Einsatz der Vereinten Nationen. Seither gilt Sierra Leone als ein Land, das den Wiederaufbau erfolgreich bewältigt hat. Amnesty International bezeichnet die Lage zur Situation der Menschenrechte als stabil. 2013 leben aber immer noch etwa 70 Prozent der Menschen unterhalb der Armutsgrenze.

Die Diamanten

Sierra Leone, dessen Bevölkerung zum größten Teil von der Landwirtschaft, vor allem Wanderhackbau, lebt, hat reichhaltige Bodenschätze. Neben Dia-mant sind vor allem Eisenerz, Bauxit, Chrom und Gold zu nennen. Die Diamantvorkommen liegen in der östlichen Provinz, in einem Gebiet von etwa 80 x 200 Kilometer, das weniger als die Hälfte des Landes einnimmt. Die weite, granithaltige Ebene ist von vielen Hügeln und Tälern durchsetzt, die aufgrund des tropisch-feuchten Klimas starken Erosionserscheinungen ausgesetzt sind. Erde und Vegetation sind an vielen Stellen vom Wasser weggespült worden. Zwei Hügelketten verlaufen in Nord-Süd-Richtung, die Nimini und die Gori Mountains. Es handelt sich wahrscheinlich um das reichhaltigste Diamantengebiet der Welt. Es wird im Westen vom Sewa, einem der „Diamond Rivers“, begrenzt, der aus dem Zusammenfluss von Bafi und Bagbe hervorgeht. Bafi und Sewa River führen Diamanten fast auf ihrer gesamten Länge mit sich, während im Bagbe River so gut wie keine Diamanten gefunden worden sind. Im Norden dehnt sich das Gebiet etwa 30 Kilometer über Yengema hinaus und zwei weitere „Diamond River“, Moa und Male, bringen Diamanten aus dem Schwemmgebiet zwischen Nimini und Gori Mountains nach Süden bis unterhalb von Kenema. In nur etwa 40 Kilometer Entfernung von der Küste liegen die ebenfalls reichhaltigen Lagerstätten von Matemu und Gbatiye im Bereich des Tongo River.

1930 fanden zwei englische Geologen im Auftrag der britischen Regierung die ersten Diamanten im Gebiet von Yengema-Koidu am Gbobora-Fluss, einem linken Nebenfluss des Bafi. Innerhalb der nächsten vierzig Jahre sollte Sierra Leone allein 50 Millionen Karat Diamanten produzieren, von denen mehr als die Hälfte von sehr guter Schmuckqualität war. Viele Kristalle hatten eine Größe von einem Karat, gut ausgebildete Oktaederformen mit leicht abgerundeten Kanten dominierten. Die Qualitätskriterien der gefundenen Diamanten haben sich bis heute nicht verändert. Sie kommen fast ausschließlich aus Alluviallagerstätten. Bereits 1930 entdeckte man eine kleine diamanthaltige Kimberlit-Pipe, gefolgt von der Entdeckung mehrerer Dykes und 1948 von zwei weiteren Pipes. Letztere wurden zeitweise sogar im Bergbau abgebaut. Seither sind mehrere Gebiete mit Kimberlitanhäufungen bekannt geworden. Sie liegen im Gebiet von Sedafu, Tongo und Panguma, westlich von Tongo.

Die entdeckten Kimberlite kommen nicht wirklich oder nur begrenzt als Quelle der reichhaltigen Vorkommen des Landes in Frage. Der Ursprung ist bis heute nicht geklärt. Es ist wahrscheinlich richtig, davon auszugehen, daß die Hauptquelle bis jetzt noch nicht entdeckt worden oder durch klimatisch bedingte starke Erosion im Laufe von 90 Millionen Jahren (dem ungefähren Zeitpunkt der Entstehung von Pipes und Dykes in Sierra Leone) abgetragen wurde und sprichwörtlich verschwunden ist. Wahrscheinlich handelte es sich um eine Serie von Kimberlit-Pipes oder Dykes, die sich ursprünglich über das Plateau im Süden und Südosten von Sierra Leone erstreckten. Auch der geringe Anteil an Industriediamanten wird darauf zurückgeführt, dass ein großer Teil durch Erosionsbedingungen im Laufe der Jahrmillionen zu Staub zermahlen worden und auf dem Meeresboden gelandet ist. Das letztere Schicksal hat wahrscheinlich auch viele Schmuckdiamanten getroffen, die inmitten riesiger Sandmassen vor der Atlantikküste ruhen dürften. Im Gegensatz zu Namibia fehlen aber Küstenströmungen, die für die Bildung abbauwürdiger Vorkommen notwendig wären.

Bereits 1932 begann der Abbau von Diamanten durch das Unternehmen CAST (Consolidated African Selection Trust) mit Sitz in London, das zu einem Teil De Beers gehörte. 1934 gründet CAST in London den Sierra Leone Selection Trust (SLST), der von der Regierung die alleinigen Abbaurechte erhält. Die Gewinnung erfolgte zunächst von Hand, aber bald werden Maschinen zum Roden der Wälder und Abtragen des tauben Gesteins eingesetzt, in Yengema werden bereits Aufbereitungs- und Waschanlagen installiert. Von 638.000 Karat im Jahr 1938 ist die Produktion 1942, mitten im 2. Weltkriege, bereits auf 1 Million Karat angestiegen. 1944 werden westafrikanische Regimenter von den Briten an verschiedenen Kriegsschauplätzen eingesetzt. Dies führte einmal dazu, dass die Erträge auf den Minen leicht zurückgingen. Wesentlich folgenreicher erwies sich aber die Tatsache, daß die Afrikaner im Ausland den eigentlichen Wert von Diamanten zu begreifen begannen, denen sie vorher als billige Arbeitskräfte kaum Beachtung geschenkt hatten. Dieses Aufwachen sollte im wesentlichen verantwortlich sein für die zweite Phase des Diamantenabbaus, die um etwa 1950 begann. Es ist eine eher unglückselige Phase, die im Nachhinein als Vorläufer der noch schlimmeren Phase des Bürgerkriegs angesehen werden kann. Was passierte, kann am besten mit dem unkontrollierten Zustrom afrikanischer Arbeiter beschrieben werden, die bald auch aus Guinea und Libera kamen. Die Situation geriet völlig außer Kontrolle, eine Goldgräberstimmung machte sich breit, und illegale Aufkäufer hatten das Sagen. Die Regierung war hilflos. 1954 arbeiteten bereits 30.000 Personen illegal, und bis 1956 wurde die Situation immer beängstigender. Die SLST war machtlos und konnte sich nicht mehr gegen die Plünderungen auf ihren eigenen Konzessionen wehren. Diamantensucher schlossen sich zu Banden zusammen, Regierungsbeamte erwiesen sich als korrupt und Farmer gaben ihre Arbeit auf, um nach Diamanten zu suchen. Dies führte zu ernsthaften Versorgungsproblemen, und die Diamanten begannen, das Land zu ruinieren. Die illegale Produktion belief sich bereits auf etwa 1 Million Karat.

1956 schloss die Regierung einen Kompromiss mit der SLST und vergab Lizenzen an die Diamantengräber, die jetzt bis zu 20 Personen beschäftigen durften. Dieser Schritt konnte nicht verhindern, dass Diamanten weiterhin aus dem Land geschmuggelt wurden. Die Mittelsmänner, die die Diamanten an Ort und Stelle im Urwald aufkaufen, sind oft Libanesen, die sich nach Kriegsende in Freetown niedergelassen hatten. Die nahe Grenze zu Liberia lässt die Händler bald dazu übergehen, ihre Diamanten nach Monrovia zu bringen, wo sich inzwischen Händler und Schleifer aus Antwerpen und New York niederzulassen beginnen. Die Situation droht wiederum zu eskalieren, sodass die Diamond Corporation (Tochtergesellschaft von De Beers, die Diamanten aufkauft) in Sierra Leone Kaufbüros eröffnet. Das erste Büro war in Bo in der Gegend von Kenema. Die aus London geschickten Aufkäufer kamen mit der Situation im Busch nur schwer zurecht, zumal sie gezwungen waren, große Mengen Bargeld mit sich zu führen. Die lokalen Zwischenhändler werden bald von den Suchern bevorzugt, und der Schmuggel gedeiht weiterhin. 1960 werden die Kaufbüros dem Government Diamond Office unterstellt, dem neben Mitarbeitern der Diamond Corporation auch Regierungsbeamte angehörten. Die Kaufpreise werden erhöht und die Situation verbessert sich schlagartig, da jetzt auch die Zwischenhändler an das Office verkauften. Der Schmuggel geht zurück.

1970 übernimmt die Regierung mit dem neuen Unternehmen Diminco die Kontrolle über den Abbau der SLST, der sich auf die Gebiete Yengema, Koidu und Tongo beschränkt. Im Februar 1972 wird in Yengema der
969.8 Karat große „Stern von Sierra Leone“ gefunden, der vom New Yorker Juwelier Harry Winston zu 17 Steinen verschliffen wird. Der größte Teil des Abbaus lief weiterhin über einheimische Schürfer, die entweder von Hand mit Schaufeln nach Diamanten gruben oder höchsten (von Libanesen finanzierte) Bulldozer zum Entfernen der oberen Lagen über der diamanthaltigen Erde einsetzten. Als Waschanlagen dienten entweder Siebe oder einfache sog. „foot rocking screens“, mehrere übereinander angeordnete Siebe, die von den Arbeitern mit den Füßen hin – und herbewegt werden. Die endgültige Sortierung erfolgte von Hand. Auch nach dem Ende des Bürgerkrieges bleibt der Diamantenabbau wenig transparent. Die Regierung ist nicht zimperlich bei der Vergabe von Abbaulizenzen an internationale Firmen und duldet, dass die Exporte unterbewertet werden. Einheimische Arbeitskräfte werden nach wie vor sehr gering bezahlt. Man geht davon aus, dass etwa 120.000 Menschen als Diamantenschürfer tätig sind und insgesamt, die Familienangehörigen eingerechnet, etwa 500.000 Menschen vom Abbau leben. Das ist etwa ein Zehntel der Bevölkerung. Heute müssen sie häufig Umsiedlung und Vertreibung in Kauf nehmen, wenn die neuen Konzessionäre große Landflächen für den Abbau pachten. Damit setzt sich die bereits aus dem Bürgerkriege bekannt Instabilität der Lebensbedingungen fort. Im Diamantenabbau existiert Kinderarbeit nach wie vor, und die allgemeine Wirtschaft liegt seit dem Krieg auf dem Boden.

Nur unter dem Protest mehrerer Menschenrechtsorganisationen haben sich in den letzten Jahren geringfügige Verbesserungen ergeben. Viele Firmen gingen mit äußerster Brutalität vor, in der Gegend von Kono hat sich laut Medico international insbesondere die Koidu Holdings Limited (KHL) durch erbärmlichen Umgang mit der einheimischen Bevölkerung hervorgetan. Der jahrelange Raubbau hat darüber hinaus eine verbrannte Erde hinterlassen, die Felder sind durchzogen von kraterähnlichen Löchern und Gruben und allgemeinen Verwüstungen. Investitionen zur Verbesserung der Infra-struktur sind von den heute in Sierra Leone operierenden Gesellschaften nicht zu erwarten. Der illegale Export wird heute nur noch auf etwa 2 Prozent der Produktion geschätzt. Seit Ende des Bürgerkrieges liegt der legale Export bei etwa 120 bis 150 Millionen Dollar jährlich. Etwa die gleiche Summe stand den Rebellen in der Vergangenheit für ihre Waffenkäufe pro Jahr zur Verfügung.

Konfliktdiamanten

Wie kein anderes Diamant produzierendes Land in Afrika hat Sierra Leone zur Entstehung der Begriffe „Blutdiamanten“ oder (in abgemilderter Form) „Konfliktdiamanten“ beigetragen. Die Begriffe bringen zum Ausdruck, dass blutige Kämpfe und Konflikte mit dem illegalen Verkauf von Diamanten finanziert wurden. Aber auch die Lösung des Problems nahm ihren Anfang in Sierra Leone. Nachdem die Vereinten Nationen im Jahr 2000 das Land mit einem Embargo für Diamanten belegt hatte, begann die Regierung mit Hilfe eines Zertifizierungssystems die Herkunft von Diamanten aus nicht von Rebellen besetzten Gebieten zu garantieren. Mit dem Kimberley-Prozess, auf Initiative von Regierungen, Diamantenindustrie und Nichtregierungsorganisationen im Mai 2000 ins Leben gerufen, wurde dann 2003 die Überwachung der Ein- und Ausfuhr von Rohdiamanten mit Hilfe staatlicher Herkunftszertifikate international etabliert.

Sklaven kinder in der Kakaoplantage in der Elfenbeinküste

Kinderarbeit in Afrika. Bittere Ernte

Video Deutsch

https://www.youtube.com/watch?v=0ZFIb1PDOtM

Video Französisch

https://www.youtube.com/watch?v=BeJJNZ2u9o0&t=153s

Video English

Kakao bauern in Westafrika beuten systematisch Kinder aus.

« Schmutzige Schokolade » zeigt, wie das Geschäft der skrupellosen Menschenhändler funktioniert – und welche Schuld Industrie und Verbraucher tragen.

Dokumentarfilm: Schmutzige Schokolade

 

Hamburg – Ein Kind kostet 230 Euro. Der Kakaobauer aus der Elfenbeinküste sagt das, als ob Kinderhandel das Normalste auf der Welt wäre. « Wenn ihr meinem Bruder sagt, wie viele ihr braucht, dann besorgt er sie euch. » Der Mann spricht über Sklavenarbeiter, Kinder zwischen 10 und 14 Jahren, die aus Mali und anderen Nachbarstaaten entführt werden, um auf den Plantagen der Elfenbeinküste zu arbeiten.

Bauern wie er beliefern die ganze Welt. 42 Prozent der weltweiten Kakaoproduktion stammen aus der Elfenbeinküste. Schon lange verdächtigen Hilfsorganisationen die Schokoladenindustrie, von Sklavenhandel und Kinderarbeit in dem westafrikanischen Land zu profitieren. Der dänische Filmemacher Miki Mistrati ist nach Afrika geflogen, um Beweise zu finden. Und er fand sie: Seine Reportage « Schmutzige Schokolade » zeigt, wie das Geschäft der Menschenhändler funktioniert – und wie die Süßwarenkonzerne davon profitieren.

« Es war erschreckend einfach, Kinderarbeiter zu finden », sagte Mistrati SPIEGEL ONLINE. Zweimal ist er dafür nach Westafrika geflogen: « Ich war auf 17 verschiedenen Plantagen und überall arbeiteten Kinder. » Die Rohstoffhändler und Schokoladenproduzenten verteidigten sich – neben dem Standardargument, nicht Eigentümer der Plantagen zu sein – damit, die Farmbesitzer würden ihre eigenen Kinder mitarbeiten lassen. Dagegen könne man nichts tun.

Doch diese Verteidigung entlarvt Mistrati mit weiteren Bildern aus Mali. In dem nördlichen Nachbarland der Elfenbeinküste verschwinden täglich Kinder, sie werden entführt und mit Bussen oder Motorrädern über die Grenze gebracht. Mit Einheimischen gelingt es dem Journalisten, die zwölfjährige Mariam aus den Händen der Menschenhändler zu befreien.

Eine Frau habe sie in den Bus Richtung Elfenbeinküste gesetzt, sagt das Mädchen. Sie habe ihr versprochen, dass sie auf den Plantagen Geld verdienen könne. Wie ihr geht es jeden Tag Dutzenden Kindern, allein in dem Dorf, in dem Mistrati filmt, seien in den zurückliegenden Wochen 170 Kinder verschwunden, sagt Moussa Coulibaly, ein Restaurantbesitzer, der das schmutzige Geschäft vor seiner Haustür miterlebt.

Auch ein Menschenhändler kommt in dem Film zu Wort: « Die Plantagenbesitzer geben uns Geld, damit wir die Kinder über die Grenze fahren », gibt er offen zu. « Ich habe das oft gemacht. »

Jeder Deutsche isst im Jahr elf Kilo Schokolade

Für die Schokoladenindustrie ist Mistratis Film ein echtes Problem, mittlerweile hat er ihn in 18 Länder verkauft. Auch wenn die ARD die Dokumentation im Nachtprogramm versteckt, könnte sie in Deutschland eine Debatte auslösen, die die Konzerne gerne vermeiden möchten: Unter welchen Bedingungen wird der Kakao geerntet, den Nestlé, Ferrero, Ritter Sport, Mars und all die anderen zu Schokoriegeln, Tafeln und Pralinen verarbeiten?

 Jeder Deutsche isst im Durchschnitt elf Kilo Schokolade pro Jahr. Hundert Gramm kosten in der Regel weniger als einen Euro. Dass die Bauern in Afrika für ihre Arbeit nicht fair entlohnt werden, kann sich jeder Konsument denken. Doch wie bei der Kleidung, die der Textildiscounter Kik in Bangladesch produzieren lässt und zu Niedrigpreisen in Deutschland verkauft, greift das System der kollektiven Verdrängung. Was eigentlich unvorstellbar ist, will man sich lieber nicht vorstellen.

Um wirklich etwas an den Bedingungen im Kakaohandel zu ändern, muss neben den Verbrauchern aber auch die Politik aktiv werden, fordert Mistrati. In seiner Heimat Dänemark wurde der Film schon im Juli gezeigt. Danach habe die Regierung einen Kodex verabschiedet, den die Schokoladenhersteller unterzeichnen müssen: Darin verpflichten sie sich, ihre Lieferanten künftig stärker zu beaufsichtigen. « Die Konzerne müssen für die Kinderarbeit verantwortlich gemacht werden », sagt der Filmemacher.

« Nicht akzeptabel, nicht förderlich »

Als einen Hauptgegner hat sich Mistrati Nestlé ausgeguckt: Der größte Lebensmittelkonzern der Welt macht im Jahr rund 80 Milliarden Euro Umsatz und über acht Milliarden Euro Gewinn. Auf Anfrage von SPIEGEL ONLINE sagte ein Sprecher von Nestlé Deutschland: « Es gibt keine ersichtliche Verbindung zwischen den im Film gezeigten Szenen und der Lieferkette von Nestlé. » Weiter gebe es « keine Hinweise, dass die im Film gezeigten Farmen Kakao für Nestlé liefern ».

Zu der Kritik des Filmemachers, Nestlé habe ihm kein Interview gewährt, sagt der Sprecher, man habe ihm durchaus eine Stellungnahme zugeschickt, die er aber « bedauerlicherweise nicht aufgegriffen hat ». Ein Interview vor der Kamera habe man ihm verwehrt, da die vorgegebenen Bedingungen « nicht akzeptabel waren und einer sachlichen Berichterstattung nicht förderlich erschienen ».

Der Nestlé-Sprecher wirft Mistrati vor, der Film greife zu kurz, « da er weder die Ursachen für Probleme in der Lieferkette für Kakao noch die vorhandenen Lösungsansätze » aufgreife. Der Konzern habe mit dem sogenannten « Cocoa Plan » Maßnahmen in Angriff genommen, um die Probleme bei den Lieferanten zu lösen: « Dazu gehören vor allem die Bereitstellung von leistungsfähigen Pflanzen, die Schulung von Bauern sowie der Ausbau von Partnerschaften und Direkteinkauf », sagt der Sprecher. Dafür investiere Nestlé über zehn Jahre 82 Millionen Euro.

Tatsächlich hat der Film aber nicht den Anspruch, die Probleme auf dem Kakaomarkt sachlich aufzulisten. Mistrati emotionalisiert bewusst, er stellt die Bilder von arbeitenden Kindern neben die nach außen heile Welt der Schokoladenhersteller.

Wie geschickt er dabei seine Mittel einsetzt, zeigt der Däne bei der Schlussszene von « Schmutzige Schokolade »: Er projiziert seine Aufnahmen der Kinder und Menschenhändler aus Mali auf eine Leinwand vor der Schweizer Zentrale von Nestlé. Statt einem Verantwortlichen des Lebensmittelkonzerns kommt aber nur die Polizei.

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