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Unabhängigkeitsfeiern in Leopoldville (Kongo) 1960.Unabhängigkeitsfeiern in Leopoldville (Kongo) 1960.(Foto: picture alliance / dpa)

50 Jahre nach dem KolonialismusAfrika und der « Ressourcenfluch »

Die ersten 50 Jahre nach der Entlassung in die Unabhängigkeit haben die afrikanischen Staaten gebraucht, um überhaupt die Voraussetzungen für künftige Entwicklung zu schaffen, sagt der Afrikawissenschaftler Bierschenk. Vor allem die koloniale Wirtschaftsstruktur erwies sich dabei als Fluch.

n-tv.de: 50 Jahre sind seit der großen Unabhängigkeitswelle in Afrika vergangen. Werden wir Afrika überhaupt gerecht, wenn wir pauschal von Afrika und den Afrikanern sprechen?

Thomas Bierschenk: Nein, das werden wir nicht. Es gibt eine Tendenz, die großen Unterschiede innerhalb Afrikas nicht wahrzunehmen. Kein Mensch würde von asiatischen Entwicklungsproblemen in der Allgemeinheit sprechen, wie wir über Afrika reden. Jedem ist klar, dass China nicht der Irak ist und Kuwait nicht Afghanistan. In Afrika packen wir Simbabwe in die gleiche Schublade wie Sierra Leone oder Benin oder Algerien. Da gibt es eine Tendenz zur Generalisierung, die wir bei anderen Kontinenten so nicht haben.

Der Kolonialismus wird noch immer für viele Probleme Afrikas verantwortlich gemacht. Ist das nach 50 Jahren noch legitim?

Afrika ist reich an Ressourcen, doch nur wenige Menschen profitieren von den Einnahmen, beispielsweise aus dem Diamantenhandel.

Afrika ist reich an Ressourcen, doch nur wenige Menschen profitieren von den Einnahmen, beispielsweise aus dem Diamantenhandel.(Foto: picture alliance / dpa)

Heute kann man natürlich den Kolonialismus nicht mehr ausschließlich für die Probleme Afrikas verantwortlich machen. Allerdings muss man ganz deutlich sagen, dass die afrikanischen Länder, als sie schließlich unabhängig wurden, ein schwieriges Erbe angetreten haben. Keine Kolonialmacht hat die zu ihr gehörenden Länder besonders gut auf die Unabhängigkeit vorbereitet. Das sieht  man zum Beispiel an den Einschulungsraten. Der Kontinent hat heute erst Zahlen erreicht, die ein Land wie Korea in den 1950er Jahren bereits hatte. De facto wurden viele Länder auch bankrott in die Unabhängigkeit entlassen. Eine ganz wesentliche Überlegung der Kolonialherren war eben, dass die Kolonien einfach zu teuer geworden waren. Diese Probleme wurden durch den großen Optimismus der damaligen Zeit zunächst einfach nicht so wahrgenommen.

Viele Länder blieben ihrer alten Kolonialmacht verbunden, nicht zuletzt durch die Beibehaltung der wirtschaftlichen Beziehungen. Welche Auswirkungen hatte das?

Mit wenigen Ausnahmen waren die Kolonien durch koloniale Wirtschaftsstrukturen geprägt. Sie sollten Primärprodukte aus der Landwirtschaft und dem Bergbau liefern und dafür Fertigwaren importieren. Da sind die Staaten auch nach der Unabhängigkeit nicht herausgekommen. Es gab zwar verschiedene Ansätze, die sind aber immer wieder zusammengebrochen, zum Beispiel wegen der Erdölkrise in den 1970er Jahren. Ein weiterer Faktor ist sicher eine verfehlte Wirtschaftspolitik, für die aber nicht nur die afrikanischen Länder verantwortlich sind, sondern auch die Unmengen an Beratern, die es auch nach 1960 noch in allen Staaten gab. Selbst die jetzt relativ positiven Wachstumsraten beruhen die noch immer auf der alten Kolonialwirtschaft und dem Handel mit Primärprodukten.

Bildung ist ein wichtiger Baustein auf Afrikas weiterem Weg.

Bildung ist ein wichtiger Baustein auf Afrikas weiterem Weg.(Foto: picture alliance / dpa)

Mit dem Rohstoffhandel haben einige Länder dennoch gutes Geld verdient. Inwieweit ist Afrika wegen seiner korrupten Eliten inzwischen für seine Probleme auch selbst verantwortlich?

Wir benutzen dafür den Begriff des « Ressourcenfluchs ». Dahinter steht die These, dass Länder, die ausschließlich Primärprodukte exportieren, meist nicht in der Lage sind, daraus etwas Vernünftiges zu machen. Ob das den arabischen Ölproduzenten gelingt, das muss man abwarten, aber in Afrika war das in der Regel nicht der Fall. Bei Ländern wie Norwegen hingegen ist das Erdöl Teil einer Gesamtstruktur, mit den Einkommen werden Investitionen getätigt. Dass das in Afrika nicht passiert ist, daran haben die Eliten einen erheblichen Anteil, das ist ganz klar.

Warum werden in Afrika so wenig eigene Lösungsansätze für die doch erheblichen Probleme entwickelt?

In dem System, dass sich bereits seit den 1950er Jahren entwickelt hat, haben auch viele Berater leider ein Interesse daran, dass es für die institutionalisierte Hilfe ein dauerhaftes Abhängigkeitsverhältnis gibt. Die gesamte Entwicklungsdiskussion für Afrika wird von Autoren bestritten, die stark mit den Gebern verbunden sind, der Weltbank, der KfW, der GTZ oder auch der französischen Entwicklungsbank. Diese Institutionen haben natürlich kein Interesse, ihre Daseinsberechtigung in Frage zu stellen. Durch diese institutionalisierte Hilfe gibt es wenig Anreize für Afrika, eigene Lösungen zu suchen. Die negativen Zahlungsbilanzen werden immer wieder ausgeglichen, dafür bleibt das System der Unmündigkeit auf Dauer erhalten. Afrikas Problem ist zudem ja nicht nur, funktionierende Staaten und Verwaltungen aufzubauen. In Europa und Asien haben entwickelte Mittelklassen hinter Entwicklung und Demokratie gestanden. Die gibt es in Afrika oft erst in Ansätzen. 1960 haben in Afrika nur 13 Prozent der Menschen in Städten gelebt. Inzwischen gibt es einen rapiden Urbanisierungsprozess, damit wachsen auch die sozialen Kräfte, die auf Entwicklung und Berechenbarkeit drängen

Thomas Bierschenk ist Professor am Institut für Ethnologie und Afrikastudien der Johannes-Gutenberg-Universität Mainz und Vorsitzender der Vereinigung für Afrikawissenschaften in Deutschland.

Thomas Bierschenk ist Professor am Institut für Ethnologie und Afrikastudien der Johannes-Gutenberg-Universität Mainz und Vorsitzender der Vereinigung für Afrikawissenschaften in Deutschland.

Erwarten Sie, dass das zunehmende Leben in den Städten zu mehr eigener Kraft des Kontinents führt?

Das wird ohne jeden Zweifel so sein. Es gibt inzwischen eine städtische Kultur in Afrika, die es vor 50 Jahren so überhaupt noch nicht gab. Die Alphabetisierung ist weit vorangeschritten, in den Städten liegt sie bei Jungen schon bei 100 Prozent. Es gibt eine  vitale lokale Kulturproduktion, es gibt neben den Staatssendern private Medien, Zeitungen und Radios. Da entwickelt sich eine dynamische Zivilgesellschaft, die sicher auf Dauer einen positiven Einfluss haben wird. Aber die afrikanischen Länder haben die letzten 50 Jahre gebraucht, um überhaupt bestimmte strukturelle Voraussetzungen für Entwicklung zu schaffen.

Ist Afrika inzwischen schon mehr so, wie wir es in Südafrika bei der Fußball-WM erlebt haben?

Südafrika ist der große Hoffnungsträger des Kontinents. Das Land ist die einzige Wirtschaftsmacht von einiger Bedeutung in ganz Afrika. Mit Blick auf die ostasiatische Entwicklung gibt es  die These, dass die Entwicklung von China, Thailand, Singapur oder Vietnam ohne die Vorreiterrolle Japans nicht möglich gewesen wäre. Eine solche Rolle könnte Südafrika in Afrika zukommen. Aber es gibt natürlich auch noch Hunger, Krieg und Elend. Das Bild ist dennoch sehr viel facettenreicher.

Gibt es heute schon Dinge, die wir von Afrika lernen können?

Was mir in Afrika immer wieder auffällt, ist die Fähigkeit vieler Menschen, sich trotz widrigster Umstände  ein lebenswertes Leben zu schaffen. Ein Mindestmaß an Demokratie aufrecht zu erhalten, das ist in diesem Umfeld schon eine gehörige Leistung. Was ich auch immer wieder bemerke, ist die große religiöse Toleranz vieler Afrikaner. Da gibt es in einer Familie Christen, Moslems und Anhänger der einheimischen Religion. Eine Kopftuchdiskussion ist da schwer vorstellbar. Auch da hören wir eher von religiösen Konflikten. Aber insgesamt gibt es in Afrika eine größere religiöse Toleranz als bei uns.

Mit Thomas Bierschenk sprach Solveig Bach

Warum Africa

Bildergebnis für sklaven haus in goree

Die Sklaveninsel Gorée, ein Mythos

Auf Goree, einer kleinen Insel vor Senegal, gibt es ein Künstlerviertel und eine Altstadt, die zum Weltkulturerbe gehört. So beschaulich das ist, blickt das westafrikanische Eiland doch auf eine düstere Vergangenheit zurück. Denn von hier aus wurden einst Sklaven nach Europa und Nordamerika verschifft.

WIE ES WIRKLICH WAR DAS GESCHÄFT MIT DEN SKLAVEN

Afrika als Menschenreservoir
Ist der Sklavenhandel eine Erfindung der Weißen? Die historische Forschung über die Sklaverei hat sich lange Zeit fast ausschließlich auf den Handel durch Europäer beschränkt. Der überwiegende Tenor der Untersuchungen: Die Weißen haben den elenden Brauch nach Afrika eingeschleppt. Erst ihr Profitstreben, bemäntelt mit Missionierungsdrang und unterfüttert mit pseudowissenschaftlichen Märchen von der Minderwertigkeit der Schwarzen, setzte den Handel in Gang.
Tatsache aber ist: Schon Jahrhunderte vor Ankunft der ersten Weißen funktionierte eine Versklavungsmaschinerie und florierte der Menschenhandel von Afrika nach Asien. Sklaverei war in vielen afrikanischen Kulturen selbstverständlich – ganze Reiche im Inneren Afrikas profitierten wirtschaftlich stark von der Jagd auf Menschen und vom Handel mit ihnen. Die Europäer bedienten sich vorhandener sozialer Strukturen und Handelswege. Mühsame und gefährliche Raubzüge ins Innere des Kontinents konnten sie sich darum lange ersparen: Man wartete in Posten an der Küste auf die dorthin gelieferte Ware.
Erst im Verlauf der letzten Jahrzehnte ist diese historische Tatsache unter Fachleuten Allgemeingut geworden – Bestandteil der Allgemeinbildung ist sie bis heute nicht. Denn Sklavenhandel von Schwarzen mit Schwarzen oder Asiaten war unvereinbar mit einem verbreiteten Missverständnis von Aufklärung, das die rassistische Perspektive des Kolonialismus einfach umkehrte und Farbige grundsätzlich für die besseren Menschen hielt. Im Gefängnis dieses Irrtums war es undenkbar, dass Stammesführer Menschenjagden befahlen, dass Kriege auch mit dem Ziel geführt wurden, um Gefangene für Handelszwecke zu machen.
Doch genau so war es.
Sklaventransporte sind zwar schon für die Antike belegt, zu einem regelmäßigen Handel kommt es aber erst ab der Mitte des 7. Jahrhunderts mit dem Erstarken des Islam in Nordafrika. Der Geograf Leo Africanus berichtet über seinen Besuch im Jahr 1510 in Gao, der Hauptstadt des Songhai-Reichs am Niger: « Hier gibt es einen bestimmten Platz, auf dem Sklaven verkauft werden, besonders an den Tagen, wenn die Händler sich zusammenfinden. Ein junger Sklave, 15 Jahre alt, bringt sechs Dukaten, Kinder kann man ebenso kaufen. Der König dieses Gebietes hält eine große Zahl von Sklaven und Konkubinen. » Die Songhai kontrollierten den Handel zwischen West- und Ostafrika, lange bevor die ersten Portugiesen an der Küste auftauchten.
Die menschliche Ware gelangte auf drei Routen zum Ziel: erstens im Trans-Sahara-Handel mit seinen uralten Karawanenwegen. Auf dem Taghasa-Weg etwa, von Timbuktu an der großen Biegung des Niger nördlich durch die Wüste bis ins marokkanische Sidschilmassa und nach Tunis. Oder über die Garamantenstraße durch Libyen, beginnend bei den Haussa am Tschadsee und endend in Tripolis. Über sieben Millionen Menschen, schätzt man, kamen so in die Sklaverei.
Zweitens auf dem Weg von der ostafrikanischen Küste über den Indischen Ozean in die arabische Welt und bis nach Indien, später auch auf die Gewürznelken-Inseln Sansibar und Pemba. Jahrhunderte bevor Bartolomeu Diaz 1488 als erster Europäer das Kap der Guten Hoffnung umrundete, hatten Händler aus Arabien und Persien, Indien und China im Indischen Ozean bereits ein gutorganisiertes System errichtet. Sie segelten mit den Monsunwinden, brachten Tuche, Porzellan, Eisenwaren, nahmen Elfenbein, Rhinozeroshorn und Sklaven mit. Verlässlich belieferten sie die Harems der Kalifate, sorgten für Nachschub an Eunuchen und Haussklaven; Schwarze dienten als Soldaten oder schufteten auf den Plantagen. Knapp drei Millionen Menschen gingen diesen Weg.
Auch über das Rote Meer, den dritten Weg, brachten Händler im Laufe der Jahrhunderte 2,4 Millionen Sklaven. Sie stammten meist aus Nubien, dem Niltal und Äthiopien – bis in die Reiche des äquatorialen Afrika drangen die Sklavenjäger vor.
Die Pioniere des europäischen Sklavenhandels waren die Portugiesen: Schon 1444 wurden Sklaven aus Nordwestafrika nach Portugal verschifft. Die iberische Halbinsel litt unter Menschenmangel, der christliche Krieg gegen die Mauren hatte viele Opfer gekostet, und die Schwarzen waren als Feldarbeiter sehr begehrt. In den folgenden Jahrzehnten wurden Zuckerrohrplantagen auf den Azoren, São Tomé und Madeira mit ihnen versorgt.
1482 errichteten die Portugiesen mit dem Stützpunkt Elmina ihre erste Befestigungsanlage an der Küste des heutigen Ghana. 1518 begann Portugal mit den ersten direkten Transporten von Afrika in die Neue Welt – der Dreieckshandel zwischen Europa, Afrika und Amerika begann sich allmählich zu etablieren.
Nach Brasilien dauerte die Segelreise im Durchschnitt einen Monat, in die nordamerikanischen Kolonien etwa doppelt so lange. Die Frachtschiffe wurden bis in den letzten Winkel vollgestopft, angekettet kauerten die Sklaven auf weniger als einem Quadratmeter pro Person. Es war unerträglich heiß und stickig, fauliges Wasser und die katastrophale Hygiene führten zu Epidemien. Im Falle von Seuchen warf die Besatzung Tag für Tag Menschen über Bord – Tote und Kranke gleichermaßen. Jeder achte versklavte Afrikaner kam während der Überfahrt ums Leben. Auf spanischen Transporten lag die durchschnittliche Sterblichkeit im Zeitraum von 1590 bis 1699 sogar bei 30 Prozent. Dazu kam die erschreckend hohe Zahl von Sklaven, die sich in den Kolonien nicht akklimatisieren konnten und bald nach der Ankunft starben.
Der US-Historiker Herbert Klein nennt in seiner Studie « The atlantic slave trade » den Sklavenhandel « eine der komplexesten wirtschaftlichen Unternehmungen der vorindustriellen Zeit ». Er lockte Investoren aus ganz Europa an. Neben den klassischen Seefahrernationen brachten zu einem nicht unerheblichen Teil auch Deutsche und Schweizer Kapital ein. Viele Wirtschaftszweige profitierten vom Sklavenhandel: Schiffbauer und -ausrüster, Manufakturen für Tauschwaren. Dutzende Schiffe jährlich starteten von europäischen Häfen aus mit Ladungen von Eisenwaren, grobem Tuch, Alkohol, Feuerwaffen, Munition und Glitzerkram. Wer nicht, wie so viele, in Stürmen unterging und sein erstes Ziel an der Küste Westafrikas erreichte, hatte eine Reise von vielen Wochen hinter sich. Der Tauschhandel nahm weitere Zeit in Anspruch, manchmal dümpelten die Schiffe monatelang vor Anker.
Es waren die Jungen und Starken, weit überwiegend Männer, die an die Küste verschleppt wurden. Sie brachten den meisten Profit, und die Chance, sie lebend nach Amerika zu schaffen, war größer. Zurück blieben viele alleinstehende Frauen, Alte und Schwache – eine ausgeblutete Bevölkerung, die kaum die Felder bestellen oder jagen konnte und keine Krieger hatte, um sich gegen feindliche Stämme zu wehren. Die Auswirkungen auf die einheimischen Gesellschaftsstrukturen waren verheerend.
Nur rund fünf Prozent der Sklaven wurden nach Nordamerika verschifft – beginnend im August 1619, als ein niederländischer Segler die ersten schwarzafrikanischen Sklaven auf dem Boden der späteren USA im Hafen von Jamestown in Virginia an Land setzt. Der Löwenanteil aber landete in Mittel- und Südamerika. Die Plantagen Brasiliens hatten einen gewaltigen Bedarf an Arbeitskräften. Die von den europäischen Eroberern versklavte Urbevölkerung war weitgehend den Folgen der Zwangsarbeit erlegen oder an eingeschleppten Krankheiten gestorben. Als Ersatz importierten die Portugiesen bis zum Handelsende 1850 vier Millionen Schwarzafrikaner. Die hatten nach ihrer Ankunft im Schnitt noch sieben bis zehn Jahre zu leben.
Obwohl sich schon früh in Europa Widerstand gegen den Sklavenhandel regte, war der mächtigen Lobby seiner Nutznießer lange nicht beizukommen. Gut 20 Jahre brauchte die 1787 gegründete « abolition society » mit ihrem charismatischen Wortführer im Londoner Parlament, William Wilberforce, bis zum Sieg: 1808 wird der Sklavenhandel in die Kolonien verboten. Im selben Jahr folgen die USA. Diese Gesetze schrieben aber keineswegs die Freilassung der bereits in Sklaverei Lebenden vor. England brauchte bis 1833, um in seinen Kolonien diesen Schritt zu tun. In den USA wurde die Abschaffung der Sklaverei nach dem um sie geführten Bürgerkrieg im Jahr 1865 Gesetz. Brasilien und Kuba folgten erst gegen Ende des 19. Jahrhunderts.
Insgesamt wurden im atlantischen Sklavenhandel zwischen 1444 und 1869 – dem Jahr, in dem Portugal als letzte europäische Nation den Handel mit Sklaven verbot – 11 bis 12 Millionen Menschen verschleppt. Beim Handel nach Asien und auf die Inseln im Indischen Ozean ist die Quellenlage weniger gut. Schätzungen zufolge sind vom 9. Jahrhundert bis 1900 etwa 12,5 Millionen Sklaven auf diesem Weg verfrachtet worden – mehr als über den Atlantik.
Im kollektiven Gedächtnis Afrikas ist die Sklaverei noch immer präsent. In den vergangenen Jahren hat es viele Versuche gegeben, formale Entschuldigungen von den ehemaligen Sklavenhandels- und -halternationen zu erhalten. Klagen sind eingereicht, Milliardenforderungen erhoben worden. Doch jene Staaten, deren wirtschaftliche Macht von heute auf dem Unrecht von gestern gründet, tun sich noch immer schwer damit, Schuld einzugestehen.
Von Thorsten Oltmer

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